Freitag, 12. November 2010

Herbst

bruder baum ich bin erstaunt

wenn ich dich sehe, in der nacht

wenn der wind durch deine zweige raunt

und ich habe den verdacht

du wirst dich sehr bald schlafen legen.

frierst du nicht geliebter bruder?

die kalte jahreszeit hat gerade begonnen,

die winde haben sich aufgemacht zur jagd,

das jahr ist fast zur gänze verronnen,

die fleissigen, die können jetzt ruhen,

die trägen, die werden nervös, sie haben versagt.

sie haben die zeichen nicht erkannt

und haben sich zu spät geplagt.

und gerade in dieser zeit

machst du dich, wie es scheint, machst du dich bereit

dein gewand abzulegen

von dir möcht ich lernen bruder baum.

diese kraft möchte ich haben, keinen zweifel zu hegen.

dem weltenlauf so hingegeben.

so tief wie deine wurzeln ist dieses vertraun

zu nehmen was kommt und nicht zu erfragen

dieses warum.

um die einheit zu wissen, tief in dir drin und drum

noch einmal zu erglühn in mächtiger pracht

für mich.

dann übergibst du deine blätter dem wütenden, wilden wind.

ich sehe dich an, und ich bin noch immer erstaunt

und tief bewegt, und etwas rührt auch meine wurzeln an

ich blicke hinauf und ich verstehe dich,

weil wir brüder sind.